Ruhetraining innen: Konditionierte Entspannung mit Ruhesignal [Teil 4]

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Ruhe zu üben heisst, sich gezielt mit Ruhe und Entspannung auseinanderzusetzen. Entspannung und Ruhe kann nicht wie ein “Sitz” trainiert und danach beliebig abgerufen werden. Ruhe im Hundealltag umzusetzen bedeutet, den Tag gezielt auf Ruhe auszurichten und somit in erster Linie Massnahmen und Ruhemanagement nachzugehen.

Ein ausgewachsener und gesunder Hund benötigt etwa 16–20 Stunden Zeit zum Dösen und Schlafen. Welpen oder alte Hunde benötigen mehr als 16–20 Stunden Ruhe. Einige Hunde suchen sich ihre Ruhe von allein. Andere Hunde benötigen die Hilfe des Menschen. Das kann zum einen damit zusammenhängen, dass der Hund es von Beginn an nicht gelernt hat, oder aber weil seine Persönlichkeit und der Charakter es so begünstigt. Krankheiten und Dysfunktionen können auch der Ursprung für einen unruhigen Hund sein. Mehr dazu kannst du im Blog Warum Ruhe so gesund ist nachlesen.

Allgemeine Massnahmen

Hausordnung

Die Hausordnung bildet das Fundament in der Hundeerziehung. Welche Hausordnung mit welchen Regeln vorherrschen, bestimmst du als Hausherr oder Hausherrin. Regeln erleichtern das Zusammenleben und schaffen Respekt und Akzeptanz. In der Hundeerziehung bildet die Hausordnung den Grundstein für jedes weitere Verhalten. Wer die Basics im Haus nicht schafft, braucht draussen mit Verhaltensauffälligkeiten gar nicht anzufangen. Wenn du mehr zu diesem Thema erfahren möchtest, dann schau dir unser Video und Blog zum Thema Die wichtigsten 4 Hausregeln für deinen Hund“ an. Da stellen wir dir auch eine kostenlose Checkliste zur Hundeeinrichtug zur Verfügung. 

Grenzen bieten Sicherheit und Sicherheit bietet Entspannung

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Stimmungsübertragung und Ruhe

Für die sogenannte Stimmungsübertragung sind Spiegeleneuronen zuständig. Die Forschung der Spiegelneuronen begann mit dem italienischen Forscher Giacomo Rizzolatti und seinem Team 1992 an Makaken Äffchen und steht heute noch recht am Anfang. Spiegelneuronen gewährleisten, dass aufgrund von Beobachtung Handlungstendenzen entstehen. Das ist vorwiegend in Gruppen oder bei Herden überlebenswichtig und somit sehr sinnvoll. Entdeckt ein Herdentier einen Feind, rennt es los und die anderen werden ihm folgen. Dem Feind wird die Wahl und die Jagd erschwert und das Überleben der Herdenmitglieder gesichert. Spiegelneuronen und die Stimmungsübertragung sind für unser Überleben existenziell. 

Spiegelneuronen sind nicht nur für Handlungsschemata zuständig, sondern wie der Name „Stimmungsübertragung“ vermuten lässt, auch auf die Stimmung und Emotionen.

Stimmungsübertragung ist innerartlich, also z. B. zwischen Hund und Hund und zwischenartlich bei z. B. Mensch und Hund möglich. Bist du gestresst und unruhig, dann überträgst du diese Stimmung unbewusst auf deinen Hund. Dein Hund nimmt deine Unruhe durch unterschiedliche Signale wahr: Deine Körperhaltung, deine Stimme, chemisch über deinen Schweiss oder auch über dein Handeln. Hunde sind in der Lage, unsere Emotionen wahrzunehmen. Stimmungsübertragen sollte jedoch nicht falsch verstanden und vermenschlicht werden als „Mein Hund versteht mich“. Nein, dein Hund empfindet deine Emotionen nach.

Kommt dein Hund nicht zur Ruhe, kann die Unruhe womöglich an deiner aktuellen Gefühlslage liegen. Hinterfrage also immer auch deine Emotionen, um deinem Hund Ruhe beibringen zu können. Atme vor den Übungen tief ein und aus und lasse dich ruhig und ausgeglichen auf die Übungen ein.

Beschäftigungsideen für unruhige Hunde

Ein Hund, der nicht zur Ruhe kommt, muss Ruhe beigebracht bekommen. Ruhe kannst du zunächst durch einen ruhigen und ausgeglichenen Alltag schaffen. Ein unruhiger Hund benötigt keine 2 Stunden Ballspiele und 10 km Spaziergänge ohne Leine. Was dieser Hund benötigt, sind Strukturen und bewusste und ausgeglichene Beschäftigungen. Übermässige Bewegung, die deinen Hund lediglich körperlich auslastet, schafft eine ungesunde Kombination der Dopamin-Ausschüttung. Vielleicht kennst du die berühmt-berüchtigten Ball-Junkies: Der Hund jagt wie irre einem Ball hinterher und es wird vermehrt Dopamin im Körper ausgeschüttet. Dopamin hat motivations- und antriebssteigernde Effekte und besitzt einen Belohnungseffekt. Das Ballspielen wird zu einem regelrechten Dopamin-Kick für deinen Hund. Dieser Dopamin-Kick sorgt dafür, dass der Hund mehr und länger kann – denn Dopamin ist antriebsfördernd. Der Belohnungseffekt wird langfristig gesehen immer mehr und längeres Ballspiel bei deinem Hund fördern und deinen Hund regelrecht „abhängig“ machen. 

Damit Hunde, die nicht leicht zur Ruhe kommen, zwar ausreichend Bewegung erhalten, dennoch nicht bei zu viel Action überdrehen, eignen sich Bewegungen, die Konzentration und ruhige Bewegungsabläufe erfordern. 

Folgende Beschäftigungsideen sind für unruhige Hunde optimal geeignet:  

 

Ruhemanagement 

Ruhemanagement meint eine gezielte Förderung von Ruhe durch eine ruhige Umgebung, gezielte und gelassene Beschäftigung mit dem Hund wie auch Hilfsmittel. Das Stichwort im Alltag ist Entschleunigung. Bei den Hilfsmitteln gibt es einige Massnahmen, die du treffen kannst, um gezielt Entspannung zu fördern. Im Beitrag zum Thema “Warum Ruhe so gesund ist” nennen wir dir Hilfsmittel wie Musik, C’B’D‘, Gerüche und Kräuter und weitere Unterstützungen für mehr Ruhe bei deinem Hund und gehen näher auf Belege ein, inwieweit die Hilfsmittel faktisch behilflich sind. 

Ruhe belohnen

Ruhe kannst du vermitteln, indem du Ruhe belohnst. Dafür ist Spiel oder direkte Interaktion nicht immer geeignet. Futter als Belohnung kann bei manchen Hunden helfen, bei einigen anderen das Gegenteil bewirken. Woran du Entspannung erkennst, erfährst du im Freebie vom Blog Hund kommt nicht zur Ruhe. Belohne eine ausgeglichene Stimmung mit Ruhe, je nach Übung durch Freigabe oder Beginn einer Aktivität. 

Ruhe soll als Lernerfahrung ohne direkte Reaktion des Menschen stattfinden. Das bedeutet, dass Ruheübungen nicht immer direkt mit Leckerli belohnt werden müssen, sondern der Hund aufgrund der Erfahrung lernen soll. Dein Hund soll in der aktiven Auseinandersetzung mit seiner Umgebung lernen und so kannst du deinem Hund Ruhe beibringen, ohne eine Erwartung zu bewirken. Erwartungen und die Nichterfüllung würden zu Frust und Stress führen. Entscheidest du dich also für Futter beim Ruhetraining, musst du das Futter entweder abbauen im Verlauf des Trainings oder es immer wieder mit Futter bestätigen. Kommt dein Hund nicht zur Ruhe, ist seine Erwartung der grösste Gegenspieler, um herunterzukommen. Bei Ruheübungen unterstützt du deinen Hund, indem du Ruhe durch deine innere Ruhe förderst und deinen Hund auf sozialer Ebene unterstützt – “social support”.

Beispiele aus der Praxis: 

  • Beim Aufbruch zum Spaziergang geht es erst dann los, wenn dein Hund eine ruhige Haltung einnimmt. 
  • Zum Hunde-Buddy wird erst erlaubt zu gehen, wenn dein Hund sich an der Leine beruhigt und zurücknimmt.
  • Kommt dein Hund auf seinem Hundeplatz zur Ruhe, kann er mit einem Kauartikel oder sanftem Lob bestätigt werden. 

Diesen “Stress” wollen viele HundehalterInnen einfach nicht aushalten und bestätigen ihren Hund ungewollt für sein unruhiges Verhalten. Konsequenz und eine beharrliche Auseinandersetzung mit unruhigem Verhalten im Alltag ist bereits die halbe Miete in puncto Ruhetraining. Kommt der Hund nicht zur Ruhe, stelle dir zunächst selbst die Frage: Wie oft konfrontiere ich meinen Hund, zur Ruhe zu kommen und wie oft gebe ich nach? 

Impulskontrolle & Frustrationstoleranz

Zwei wichtige Kernkompetenzen, um deinem Hund Ruhe beizubringen sind Impulskontrolle und Frustrationstoleranz. Wir haben für dich bereits Impulskontrolle Trainings für Anfänger, Fortgeschrittene und Profis zusammengestellt. 

Konditionierte Entspannung mit Ruhesignal

Beginne diese Ruheübung spontan, wenn sich dein Hund in einer ausgeglichenen und entspannten Stimmung befindet. Du kannst diese Ruheübung mit deinem ausführen, während ihr etwa beide auf dem Sofa seid oder du dich zu deinem Hund auf den Boden setzt. Konditionierte Entspannung meint eine Entspannung, die erlernt wurde in einer Situation, in der Ruhe im Kontext eines Signals, dem Ruhesignal, gesetzt wurde. Wird das Ruhesignal nachhaltig aufgebaut in entspannten Situationen, kann bei angespannten Situation mithilfe des Ruhesignals Entspannung bewirkt werden. Das Prinzip erfolgt auf den Grundlagen der klassischen Konditionierung, bei der eine Verknüpfung eines Reizes mit einer Reaktion erfolgt.

Konditionierte Entspannung wird deinen Hund nicht vom Leinenpöbler zur Schlaftablette transformieren. Die Übung von konditionierter Entspannung ermöglicht es dir, dass dein Hund zukünftig sein Erregungsniveau in Stresssituationen regulieren kann und ansprechbar ist. Konditionierte Entspannung ermöglicht es deinem Hund sich zurückzunehmen zu können. In der Jugendsprache würde man sagen: “Chill mal deine Base” – und genau das möchte man damit erreichen: Eine entspanntere Grundhaltung.

Nicht jeder Hund kann bei Berührungen gut entspannen. Du kennst deinen Hund am besten. Nutze dir bekannte Situationen und Bedingungen, in denen dein Hund entspannt. Vermeide Stellen zu berühren, die bei deinem Hund Befindlichkeiten hervorrufen können (z. B. Pfoten). 


  • Beginne in einer ruhigen Situation, in der dein Hund entspannt.
  • Streichle deinen Hund sanft oder nutze die Methode, die bei deinem Hund schnelle und tiefe Entspannung auslöst:
    • manche Hunde mögen es gebürstet zu werden, 
    • andere bevorzugen eine Massage, 
    • einige Hunde haben eine Lieblingsstelle, an der sie gekrault werden,
    • usw. 
  • Während dein Hund tief atmet und entspannt liegt, sagst du nun mit ruhiger Stimme dein Ruhesignal, sodass dein Hund nicht aufzuckt, um nach dir zu schauen.
    • Entspannt dein Hund lieber ohne deine Berührungen, kannst du dich neben deinen Hund setzen, während er entspannt. 
    • In einem Moment, in dem dein Hund sehr entspannt ist, sagst du sanft das Ruhesignal. 
    • Lasse deinen Hund weiterhin ruhen und gehe nicht weiter auf ihn ein. 
  • Schaue deinen Hund während der Übung nicht besonders an und mache nicht auf dich aufmerksam.
  • Fahre mit der Entspannungsmethode fort und sage das Ruhesignal in Abständen. 
  • Nach 4–5 Mal gesagten Ruhesignal kannst du diese Übung beenden. 
  • Führe die Ruheübung der konditionierten Entspannung über die nächsten Tage und Wochen immer wieder ein. 
  • Nutze das Ruhesignal erst nach intensivem Aufbau von mindestens fünf Einheiten:
    • zunächst in wenig angespannten Situation, 
    • mit mehr Ruheübung in angespannteren Situationen,
    • immer mit Alternativverhalten oder anderen Anweisungen zusammen (z. B. “Chill” und “Weiter geht’s”).
  • Die konditionierte Entspannung muss regelmässig in Ruhesituationen aufgefrischt werden und ist niemals als “fertig gelernt” anzusehen. 
Reagiert dein Hund nach intensiver konditionierter Entspannung nicht auf das Ruhesignal: 
  • ist die Situation für deinen Hund womöglich zu angespannt,
  • solltest du mit deinem Körper (z.B. durch gezielte Berührung) Entspannung bewirken, 
  • wenn möglich sich der heftigen Situation entziehen. 

Du kannst die konditionierte Entspannung ebenfalls anstatt mit einem Ruhesignal mit einem Duft, einer Decke oder einer bestimmten Berührung konditionieren. Der Vorteil eines Ruhesignals ist, dass du es immer dabei hast. 

Du kannst dir den Trainingsplan kostenlos herunterladen, wenn du ein Kundenkonto bei uns hast. Wenn du noch kein Kundenkonto hast, registriere dich unverbindlich auf unserer Seite.