Was ist Impulskontrolle beim Hund?

Definition Impulskontrolle

Impulskontrolle ist die Fähigkeit, einem Impuls nicht nachzugehen. Der Impuls kann ein angeborener Reflex sein oder eine spontane Handlung. Impulskontrolle beim Hund bedeutet, dass der Hund seine Handlungen und Emotionen kontrollieren kann

Die Impulskontrolle ist wie ein Akku und Muskel zu gleich. Eine Übung kann nur wenige Male hintereinander geübt werden, weil der Akku vorerst ausgeschöpft ist. Das gilt auch für den restlichen Tag. Die Konzentrationsfähigkeit lässt nach und der Hund ist nicht geduldig. Vielleicht kennst du das von dir: Du hast einen sehr intensiven Tag an der Arbeit oder der Schule. Am Abend kannst du dich nicht einmal mehr auf die leichtesten Dinge konzentrieren. Dein Akku ist erschöpft und muss neu geladen werden – am besten durch Schlaf. Für deinen Hund gilt dasselbe. Nach viel Impulskontrolle und Beherrschung muss der Akku geladen werden. Wird er nicht geladen, fallen deinem Hund banale Alltagsdinge schwer. Schwierige Situationen sind bei leerem Selbstregulation-Akku für deinen Hund kaum machbar und sehr belastend. Der Akku kann verbessert werden, je häufiger die Impulskontrolle geübt wird. Die Impulskontrolle beim Hund ist z. B. beim Rückruf wichtig. Der Hund muss lernen einem Impuls zu widerstehen, indem er zu dir zurückkehrt, anstatt etwa dem Hasen nachzujagen. Ohne uns Mensch würde der Hund den meisten Impulsen nach Lust und Laune nachgehen. Impulskontrolle beim Hund ist nicht nur wichtig für das Zusammenleben von Mensch und Hund, sondern auch für das Zusammenleben von Artgenossen untereinander. Impulskontrolle ist soziales Verhalten. Das Temperament eines Hundes wird mit trainierter Impulskontrolle und Regeln sowie Ritualen positiv beeinflusst. 

Die Impulskontrolle beim Hund ist also Selbstbeherrschung, die kleinschrittig geübt werden muss. Impulskontrolle ist situationsabhängig und nicht generalisierbar. Es ist gut, Impulskontrolle wie einen Muskel zu trainieren, um diese in Ernst-Situationen besser beim Hund in Erinnerung rufen zu können und den Hund durch Management zu unterstützen.

„Kontrolle der unmittelbaren Verhältnisaktivität, Zurückhaltung, auch mal überlegen, und eventuell sich gegen ein momentan stark aufkommendes Bedürfnis erfolgreich zur Wehr zu setzen, gehört zu den Wesentlichen Voraussetzungen, damit man auch mit abgeschlossen oder anderen Sozialpartnern erfolgreich zusammen leben kann“ - S. 140, Gansloßer, U. & Kitchenham, K. ; 2015

Faktoren, die Impulskontrolle beim Hund beeinflussen

Die Fähigkeit zur Impulskontrolle wird bei Hunden durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Während sich ein Vierbeiner in einer bestimmten Situation als äußerst geduldig oder gehorsam erweist, hat ein anderer unter vergleichbaren Umständen möglicherweise Probleme, das erwünschte Verhalten zu zeigen. Einflüsse der Genetik, aber auch der Aufzucht haben Einfluss auf die Impulskontrolle und werde zudem von Hintergrundstressoren (Krankheit, vermehrter Stress, etc.) beeinflusst. Folgende Faktoren können einen grossen Einfluss auf die Impulskontrollfähigkeit eines Hundes haben:

  • Körperbau
  • Alter
  • Rasse
  • Stress

 

Impulskontrolle und Körperbau des Hundes

Vielleicht ist dir das unbewusst schon mal aufgefallen: Grosse oder massige Hunde tun sich mit der Impulskontrolle leichter als kleine Hunde. Abwertend werden die kleinen Hunde dann “Kläffer” genannt. Tatsächlich können sie körperbedingt ihre Impulse meist schwerer im Zaum halten als grosse Hunde. Dabei geht es nicht um Übergewicht, sondern wirklich den Körperbau. Ein kleiner und schmaler Körperbau besitzt in der Regel einen höheren Stoffwechsel, was zu einem schwächeren Nervenkostüm führen kann.

 

 

 

Der Einfluss des Alters auf die Impulskontrollfähigkeit

Impulskontrolle ist stark altersabhängig. Dabei stellen das Welpenalter und die Junghundezeit besonders schwierige Lebensphasen dar, wenn es um die Impulskontrolle geht. Grosse Rassen benötigen in ihrer Entwicklung länger als kleine Rassen, weshalb ihre Entwicklung in der Junghundezeit länger in Anspruch nimmt. Die Entwicklung nimmt Einfluss auf die Gehirnentwicklung und die Areale, die für die Impulskontrolle zuständig sind. Ein Welpe oder pubertierender Hund kann sich nicht gleichermassen selbst beherrschen, wie ein ausgewachsener adulter Hund.

Rassespezifische Unterschiede bei der Impulskontrolle

Neben den optischen Merkmalen, die eine Rasse ausmachen, sind Fähigkeiten und Verhaltensweisen ausschlaggebend bei Rassen. Rasseeigenschaften, die seit Jahrhunderten penibel in Hunde rein gezüchtet wurden, nehmen einen grossen Einfluss auf die Fähigkeit zur Impulskontrolle. Innerhalb einer Rasse kann die Arbeitslinie auf starke Reizverfolgung ausgerichtet sein. Die Impulskontrolle beim Hund ist also nicht nur von der Rasse abhängig, sondern auch von der Zuchtlinie. Hunderassen, die für schnelle und spritzige Entscheidungen gezüchtet wurden, wie Terrier, tun sich generell mit der Impulskontrolle schwerer als Molosser.

 

 

Stress mindert die Impulskontrollfähigkeit

Die Fähigkeit, einem Impuls widerstehen zu können, hängt vom generellen Stresserleben ab. Bei dir selbst hast du es eventuell schon erlebt, dass du in gestressten Situationen reagierst, wie du es sonst nicht tust. Du zickst jemanden an, obwohl du das nicht möchtest. Oder du wirst lauter, obwohl die Person dir nichts getan hat. Stress beeinflusst die Impulskontrolle beim Menschen und beim Hund. Gestresste Hunde haben das gleiche Problem wie Menschen. Stress beim Hund beeinflusst die Impulskontrolle negativ. Ist dein Hund gestresst, dann wird es ihm schwerfallen, einem Impuls nicht nachzugehen und sich zurückzunehmen. Stress kann dabei gesundheitlich bedingt sein durch eine Krankheit oder Verletzung oder durch andere Faktoren, wie eine Baustelle vor dem Haus. Gutes Stressmanagement und Entspannungstraining kann vor dem eigentlichen Impulskontrolle-Training sinnvoll sein.

Impulskontrolle fördern

Es gibt einige Tricks, wie wir generell die Impulskontrolle bei unserem Hund fördern können. Zu Hilfe gehören Massnahmen, gutes Management und Training der Impulskontrolle. Beginnen solltest du bei deinem Hund immer mit den Massnahmen, dann ein gutes Management planen und letztlich beginnen zu trainieren.

Masnahmen: Nervennahrung

Bevor es zur eigentlichen Impulskontrolle beim Hund kommt, ist es sinnvoll, Massnahmen vor dem Training der Impulskontrolle zu treffen. Selbstkontrolle benötigt viel Energie, was man durch die Fütterung positiv begünstigen kann, sogenannte „Nervennahrung“. Bei Hunden, die aufgrund der Rasse oder ihres Charakters Probleme mit der Impulskontrolle haben, genügt vor dem Training eine kohlenhydratreiche Mahlzeit. Miller et al (2010) zeigten mit ihrer Studie, dass Hunde bei der Ausübung von Impulskontrolle einen erhöhten Energieverbrauch haben. Hunde, die einen Glukosetrank erhielten, konnten ihre Selbstkontrolle verdoppeln. Kohlenhydrate, die Hunde besonders gut vertragen sind Kartoffeln, Reis und Nudeln. Reis wird gerne bei Magendarmproblemen eingesetzt, da er leicht verdaulich und somit gut verträglich ist. Bei Hunden, die Gluten nicht vertragen, bieten sich Hirse, Haferflocken und Quinoa an, genau wie Buchweizen, Gerste oder Amaranth. Probiere einfach aus, was deinem Hund schmeckt und was er verträgt. Kohlenhydrate sind die Energiequelle für das Gehirn des Hundes. Wir unterscheiden zwischen langkettigen und kurzkettigen Kohlenhydraten. Hunde benötigen im Gegensatz zum Menschen deutlich weniger langkettige Kohlenhydrate. Bei langkettigen Kohlenhydraten werden vom Hund die einzelnen „Kettenglieder“ länger gespalten. Als Folge dessen sind langkettige Kohlenhydrate im Hundekörper länger verfügbar, halten länger satt und erhöhen den Blutzuckerspiegel nicht drastisch. Kurzkettige Kohlenhydrate sind im Körper schnell verfügbar und für „akute“ Situationen, in denen Nervennahrung benötigt wird, optimal.

Langkettige Kohlenhydrate

Der Körper von langkettigen Kohlenhydraten länger gesättigt. Dadurch bleiben sie über den Tag verteilt länger verfügbar. Geeignet sind langkettige Kohlenhydrate für generell einen anstrengenden und Nerven gestärkten Alltag.

  • Reis
  • Vollkornnudeln
  • Kartoffeln
  • Nüsse
  • Haferflocken
  • Hirse
  • Quinoa
  • Buchweizen
  • Gerste
  • Amaranth

Kurzkettige Kohlenhydrate

Kurzkettige Kohlenhydrate sättigen den Hund nur für kurze Zeit. Dein Hund kann die kurzkettigen Kohlenhydrate schneller verarbeiten, daher sind sie schneller verfügbar. Die schnelle Verfügbarkeit macht es besonders hilfreich, kurzkettige Kohlenhydrate in Form von Leckerli für Trainingseinheiten zu nutzen. 

  • einige Obstsorten (Fruchtzucker)
  • einige Gemüsesorten 
  • Honig
  • Milchprodukte (z.B. Käse)

Wie viele Kohlenhydrate dein Hund verträgt, ist sehr individuell. In einer Studie von Erik Axelsson (2014 und 2016) wurde die Kopienzahl des Gens AMY2B bei Hunden untersucht. Dieses Gen steht im Zusammenhang mit der Kohlenhydratverdauung. Innerhalb der gleichen Rasse wurden erhebliche Unterschiede in der Fähigkeit der Kohlenhydratverdauung erforscht. Damit der Hund Getreide gut verdauen kann, müssen Reis, Nudeln und Co. genug lange gekocht werden, um die darin enthaltene Stärke verwerten zu können.

Management: Positive Erlebnisse

Management in der Hundeerziehung verhindert, dass Hunde Fehler machen.  Wann, wo und wie trainierst du mit deinem Hund? Du gestaltest eine Trainingssituation immer so, dass dein Hund so wenig wie möglich in das Fehlverhalten gelangen kann. Jede Impulskontrolle deutet zunächst Stress für deinen Hund. Manchmal ist dieser Stress hoch, manchmal klein. Stress ist so gesehen erst mal nichts Schlimmes. Beim Ausüben von Impulskontrolle darf Stress nicht zusätzlich hervorgebracht werden. Damit dein Hund in der Lage ist, Impulskontrolle zu trainieren, solltest du das Training ausschliesslich positiv aufbauen. Beginne mit unkomplizierten Übungen, die dein Hund bereits kennt. Baue die Übungen kleinschrittig auf und schaffe viele Erfolgsmöglichkeiten. Nutze kurze Einheiten mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit. Futter eignet sich beim Training hervorragend, weil dein Hund es im Anschluss an die Übung erhält und dadurch zweierlei positive Erlebnisse ermöglicht werden: Bestätigung durch Futter und die oben genannte Nervennahrung, die es während der Impulskontrolle benötigt. Sollte dein Hund nicht futter-affin sein, dann kannst du besonders in die Trickkiste der tollen Leckerli greifen und Käse, Bockwürste etc. nutzen.


Training: Übungen für die Impulskontrolle beim Hund

Impulskontrolle kann hervorragend in der Welpen- und Junghundzeit aufgebaut werden. Auch ältere Hunde können noch Impulskontrolle lernen und sollten es regelmässig. Impulskontrolle lässt sich zwar nicht auf beliebig viele Situationen übertragen, ist also nicht generalisieren, trotzdem kann ein genereller Aufbau sehr sinnvoll sein. Nur weil dein Hund geduldig am Futternapf wartet, wird er nicht gleichzeitig nicht einem Hasen hinterherjagen. Dennoch sorgt eine gut trainierte Impulskontrolle beim Hund für Kontrollierbarkeit im Alltag. Wie du mit deinem Hund schrittweise eine gute Impulskontrolle aufbauen und trainieren kannst, erklären wir dir in separaten Trainings. Über unsere Trainings zur Impulskontrolle beim Hund gelangst du zum Training für Anfänger, Fortgeschrittene und Profis.

Anfänger

Beim Training der Impulskontrolle für Anfänger-Hunde haben zu tun mit Geduld in Form von Futterfreigabe. Die Futterfreigabe erfolgt über die Orientierung an dir durch das Premack-Prinzip. Nur durch die Zusammenarbeit mit dir gelangt dein Hund an das Futter. Die Generalisierung von der Position “Sitz” lehrt deinen Hund nicht nur Signalsicherheit, sondern auch das “Sitz” schlichtweg “Sitz” bedeutet. Die letzte Übung des Leckerli zählen vermittelt deinem Hund, dass Zahlen eine Bedeutung haben im Zusammenhang mit der von dir geforderten Geduld. Zudem wird eine Futtermotivation aufgebaut, die sowohl bei futter-affinen wie nicht futter-affinen Hunden gut funktioniert. Dadurch, dass dein Hund jedes einzelne Leckerli erhält, bleibt die Motivation stets weit oben. 

Fortgeschrittene

Die Übungen der Impulskontrolle für Fortgeschrittene setzt beim Anfänger-Training an. Die Generalisierung der Position “Sitz” wird nun durch schwierigere Aussenreize ausgeweitet. Reize in Form von Bewegung fordern von deinem Hund eine höhere Impulskontrolle. Dein Hund muss einer bewegten Verleitung widerstehen – vor allem für bewegungsempfindliche Rassen wie Terrier sehr schwierig. Die Übung “Türsteher” ist ein gutes Training für viele Bereiche der Hundeerziehung. Jeder Hundehaushalt sollte Regeln haben. Eine wichtige Regel ist es, dass der Hund nicht zuerst aus der Tür stürmt. Diese Regel hat gar nichts mit Dominanz oder dem Anspruch nach Alleinherrschaft zu tun. Der Hund sollte rücksichtsvoll in Kontakt mit dem Menschen bleiben. Der Mensch wiederum muss jede Situation gewissenhaft leiten können und das erfolgt nun Mal, sobald der Mensch zuerst vor die Tür tritt. Die letzte Übung bei der Impulskontrolle für Fortgeschrittene berücksichtigt einen Rückruf unter Ablenkung. Dein Hund lernt anstatt der Ablenkung, deinem Rückruf zu folgen und das dieser in jedem Fall einzuhalten ist. 

Profis

Die Impulskontrolle für Profis beinhaltet Übungen für die Impulskontrolle in der Königsdisziplin. Das bedeutet nicht, dass sie deinen Hund vom Hasenjagen abhalten, aber sie schaffen eine sehr hohe Akzeptanz beim Hund einem Impuls nicht nachzugehen und sich in Selbstbeherrschung zu proben. Die erste Übung ist die Impulskontrolle während der Leinenführigkeit. Die fehlende Impulskontrolle und eine falsch ausgebaute lockere Leine stellen für die meisten HundehalterInnen eine Herausforderung dar. Das Training des Aktionsabbruchs ist äusserst anspruchsvoll für deinen Hund und sollte penibel und kleinschrittig aufgebaut werden. Eine Aktion abzubrechen, erfordert hohe Disziplin und ist die perfekte Voraussetzung für ein Anti-Jagd-Training. Eine weitere Übung für die Impulskontrolle, die eine Aktion abbricht und die Signalkontrolle fördert, ist das Futterwerfen mit Basic Signalen. Der Aufbau verleitet Hunde zu Fehlverhalten und sollte deshalb erst bei besonders guter Impulskontrolle trainiert werden, um diese zusätzlich zu fördern. 

Das Training von Impulskontrolle ist beim Hund essenziell. Jeder Hund muss Selbstbeherrschung lernen und trainieren. Mit unseren Übungen zeigen wir dir, wie du du Impulskontrolle mit deinem Hund üben kannst. Impulskontrolle ist für deinen Hund sehr anstrengend. Die Konzentration lässt mit jeder Übung der Impulskontrolle nach und erschwert alle Situationen im Alltag, wo Impulskontrolle gefordert wird (z.B. Hundebegegnungen). 

An Tagen, an denen du die Impulskontrolle trainierst, solltest du einen ruhigen Alltag gestalten mit vielen Ritualen. Wir raten dir, herausfordernden Situationen für deinen Hund  an den Trainingstagen aus dem Weg zu gehen.

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