Trainings zur Impulskontrolle beim Hund [Fortgeschrittene]

Definition Impulskontrolle

Impulskontrolle ist die Fähigkeit, einem Impuls nicht nachzugehen. Der Impuls kann ein angeborener Reflex sein oder eine spontane Handlung. Impulskontrolle beim Hund bedeutet, dass der Hund seine Handlungen und Emotionen kontrollieren kann. Sie ist dadurch Selbstkontrolle, die wie ein Akku und Muskel zu gleich ist. Eine Übung kann nur wenige Male hintereinander geübt werden, weil der Akku vorerst ausgeschöpft ist. Das gilt auch für den restlichen Tag. Die Konzentrationsfähigkeit lässt nach und der Hund wird ungeduldig. Für dein Training der Impulskontrolle beim Hund bedeutet das, immer kurze Einheiten zu üben. 

Musste dein Hund beim Training oder im Alltag viel Geduld aufweisen, ist sein Akku leer und ihm werden einfache Alltagssituationen schwerfallen. Nach kurzen Einheiten vom Training sollte dein Hund ausreichend Zeit zum Erholen erhalten. 

Im Blogbeitrag Was ist Impulskontrolle kannst du genauer nachlesen, was die Impulskontrolle beim Hund ist und wie man diese beeinflussen und fördern kann. Schau dir auf jeden Fall vorher noch die Trainings zur Impulskontrolle für Anfänger an, sowie der Impulskontrolle für Fortgeschrittene. 

Trainingstipps

Es gibt einige Tricks, wie wir generell die Impulskontrolle bei unserem Hund fördern können. Mehr dazu erfährst du im Beitrag Was ist ImpulskontrolleSelbstkontrolle kann gezielt gestärkt werden, um das Training zu vereinfachen und unseren Hunden das Leben angenehmer zu gestalten. Das Training der Impulskontrolle ist ein wichtiger Aspekt, wie die Geduld und Konzentration deines Hundes im Allgemeinen aufgebaut und verbessert werden kann. Da das Training für deinen Hund viel intensiver ist als so manch anderes Training, solltest du zunächst einmal die Tipps umsetzen. 

Tipp 1: Rituale

Impulskontrolle kostet deinen Hund sehr viel Ausdauer und Fokussierung. Der Alltag scheint mit aufgebrauchter Selbststeuerung für deinen Hund teilweise nicht ausführbar. Banale Alltagssituationen stellen deinen Hund vor eine grosse Herausforderung und lassen ihn schnell impulsiv reagieren. 

Generell solltest du für deinen Hund einen festen Tagesablauf und Rituale schaffen, die deinem Hund Sicherheit bieten. Rituale sind immer gleich ablaufende Handlungsweisen. Im Hundealltag sind sie von wichtiger Bedeutung, da sie dem Hund eine klare Linie vorgeben, die Kommunikation zwischen dir und deinem Hund verbessern und allgemein beim Hund zur Verbesserung seines Wohlbefindens führen. Bauen wir ritualisierte Handlungsweisen auf, werden sie irgendwann einmal automatisch ablaufen. So sind Rituale für unsere Hunde wichtige Wegweiser, was sie erwarten können und wie sie sich verhalten sollen. Durch ständige Wiederholung kann dein Hund Alltagssituationen leichter meistern und sie bedürfen keiner grossen Geduld mehr, weil sie fast automatisch ablaufen. Wird die Impulskontrolle dann einmal ernsthaft benötigt, hat dein Hund keinen komplett leeren Selbstbeherrschungs-Akku. Er konnte den Akku in ritualisierten Alltagssituationen einsparen und für ernsthafte Situationen nutzen. 

"Grenzen bieten Sicherheit und Sicherheit bietet Entspannung."- Vitomalia

 

Tipp 2: Nervennahrung

Selbstkontrolle benötigt viel Energie, was man durch die Fütterung positiv begünstigen kann. Sogenannte „Nervennahrung“ ist kohlenhydratreiche Nahrung. Miller et al (2010) zeigten mit ihrer Studie, dass Hunde bei der Ausübung von Impulskontrolle einen erhöhten Energieverbrauch haben. Hunde, die einen Glukosetrank erhielten, konnten ihre Selbstkontrolle verdoppeln. Die Auswirkungen der verfügbaren Blutglukose hatte einen Einfluss auf die Fähigkeit von Hunden zur Selbstkontrolle. Die Blutglukose kann durch Kohlenhydrate im Hundefutter erhöht werden. Wie viele Kohlenhydrate dein Hund verträgt, ist sehr individuell. Innerhalb der gleichen Rasse bestehen beim Hund ausgeprägte Unterschiede in der Fähigkeit der Kohlenhydratverdauung. Damit der Hund Getreide gut verdauen kann, müssen Reis, Nudeln und Co. genug lange gekocht werden, um die darin enthaltene Stärke verwerten zu können. Kohlenhydrate, die Hunde besonders gut vertragen sind Kartoffeln, Reis und Nudeln. Mehr zu Kohlenhydraten, die langkettig oder kurzkettig sind und glutenfreien Kohlenhydraten für deinen Hund findest du im Blog Was ist Impulskontrolle.

Tipp 3: Ruhe und Entspannung

Ausreichend Ruhe und Schlaf gehört zu den körperlichen oder biologischen Grundbedürfnissen deines Hundes. Ein ausgewachsener und gesunder Hund benötigt zwischen 16 und 20 Stunden Ruhephase, Welpen oder kranke Hunde sogar mehr. Die Impulskontrolle verlangt viel Energie deines Hundes ab. Die Energie muss durch ausreichend Schlaf und Ruhe erneut aufgeladen werden. Nicht jeder Hund hat gelernt, aktiv Ruhe zu halten. Ruhe kann und muss gelernt werde und wird durch ein Deckentraining aufgebaut.  Vor allem hyperaktive Hunde müssen lernen zu ruhen. Wie du ein Nutze das Kernterritorium zur Ruhe und Entspannung schaffen kannst, lernst du im Beitrag Die wichtigsten 4 Hausregeln für deinen Hund. 

Schlaf hilft deinem Hund bei der Stressverarbeitung, weil während des Schlafs das Stresshormon Cortisol gesenkt wird. Cortisol wird in stressigen Situationen ausgeschüttet und muss anschliessend wieder abgebaut werden, um Dauerstress zu verhindern. Erhält dein Hund nicht ausreichend Schlaf, bleibt der Cortisol-Spiegel hoch und dein Hund empfindet noch mehr Stress. Durch Bewegung wird das Stresshormon Cortisol ebenfalls abgebaut. Gestresste Hunde, die zu wenig Ruhephasen erhalten, gleichen ihren Stress durch Bewegung aus. Stress und Bewegung, also Unruhe fördern erneuten Stress. Der Teufelskreis beginnt und aus einem gestressten Hund wird ein hyperaktiver Hund, der gestresst ist.

Impulskontrolle für Fortgeschrittene Training

Impulskontrolle kann und muss trainiert werden. Sie gehört zu den Kernkompetenzen, die jeder Hund erlernen muss. Bevor du mit dem Training für Fortgeschrittene beginnst, solltest du mit deinem Hund intensiv das Training für Anfänger üben und schrittweise die Reize und Trainingsumgebung steigern. Jedes Training beginnt zunächst in einer reizarmen Umgebung und muss später auf alle möglichen Alltagssituationen übertragen werden. Man nennt das “Generalisierung”. Im Alltag kannst du nur das von deinem Hund verlangen, was du mit ihm geübt und trainiert hast. Ein “Sitz” Zuhause ist für deinen Hund etwas anders, als ein “Sitz” draussen. Hast du das “Sitz” draussen noch nicht geübt, ist es für deinen Hund fast wie ein neues Training. Die Impulskontrolle ist situationsabhängig und leider nicht generalisierbar. Für deinen Hund ist die Impulskontrolle also jedes Mal eine komplett neue Situation. Trotzdem kann ein genereller Aufbau und ein Training von Impulskontrolle sinnvoll sein. Dein Hund wird vom geduldigen Warten am Napf nicht dem weglaufenden Hasen auf dem Feld widerstehen. Dennoch sorgt eine gut trainierte Selbstkontrolle beim Hund für generelle Kontrollierbarkeit im Alltag. Das Training ist sinnvoll und muss gut aufgebaut werden, um es bestmöglich im Alltag mit Hund nutzen zu können. Beim Training empfehlen wir dir sehr kurze Trainingseinheiten von maximal 5 Minuten mit deinem Hund zu üben. Du kannst das Training der Impulskontrolle über den Tag verteilt immer wieder einbauen und anschliessend deinem Hund viel Ruhephasen bieten. Übe die Impulskontrolle am besten nicht vor einem Spaziergang oder vor stressigen Situationen (z. B. Tierarztbesuch). Dein Hund wird vor Situationen, die viel Selbstkontrolle fordern, keine zusätzlichen Impulskontrolle-Trainings aushalten.

Beachte beim Training folgende Punkte: 

Beim Training der Impulskontrolle für Fortgeschrittene-Hunde haben wir Training fokussiert mit Geduld in Form von Freigaben. Die Freigaben erfolgen über die Orientierung an dir durch das Premack-Prinzip.

Das Premack-Prinzip ist eine Form der Verstärkung. Dein Hund wird nicht nur durch eine Belohnung belohnt, sondern durch die Freigabe zur gewünschten Aktion.

Nur durch die Zusammenarbeit mit dir gelangt dein Hund an das Futter. Die Generalisierung von der Position “Sitz” lehrt deinen Hund nicht nur Signalsicherheit, sondern auch das “Sitz” schlichtweg “Sitz” bedeutet. Die letzte Übung des Leckerli zählen vermittelt deinem Hund, dass Zahlen eine Bedeutung haben im Zusammenhang mit der von dir geforderten Geduld. Durch das Training wird eine Futtermotivation aufgebaut, die sowohl bei futter-affinen wie nicht futter-affinen Hunden gut funktioniert. Dadurch, dass dein Hund jedes einzelne Leckerli erhält, bleibt die Motivation stets weit oben. 

Alle Trainings kannst du dir kostenlos als Trainingsplan downloaden! Melde dich hierfür in unserem Mitgliederbereich an. 

"Sitz" Generalisierung Mittel

  • Führe deinen Hund ins „Sitz“.
  • Generalisiere das „Sitz“, indem du:
    • “Sitz” während du von deinem Hund wegjoggst.
    • “Sitz” während du über deinen Hund joggst.
    • “Sitz” während du schnelle Bewegungen machst.
    • “Sitz” während du aus dem Blick deines Hundes gehst.
    • „Sitz“ während du tanzt.
    • Markiere das Sitzenbleiben jedes Mal mit einem Markersignal oder Clicker und belohne deinen Hund mit einem Leckerli.

Markiere das richtige Verhalten noch während deiner Bewegung und gebe deinem Hund nur direkt bei ihm das Leckerli, damit er nicht aufstehen muss.

  • Sollte dein Hund vom „Sitz“ aufstehen, führst du ihn wieder auf die Ausgangsposition. Achtung! Das erneute Hinsetzen nicht loben (weder Leckerli noch lobende Worte), denn nur das Sitzenbleiben wird belohnt.
  • Starte die letzte Übung von neu, bis dein Hund dabei sitzen bleibt.
  • Gebe nach jeder Übungseinheit eine klare Freigabe, z.B. durch „Ab“ oder „Fertig“.
  • Das Training, das bei der Impulskontrolle für Anfänger bereits aufgebaut wurde, kann vertieft werden
     

    TürsteherIn

    Die Tür ist für den Hund die Grenze, die Zuhause und Aussenwelt trennt. Viele Hunde wollen deshalb schnell raus und quetschen sich durch die Beine des Menschen hindurch. Das macht für dich die Situation unkontrollierbar, weil du nicht im engen Handlungsspielraum deines Hundes bist.

    • Leine deinen Hund an und stellt euch vor die Haustür. 
    • Dein Hund muss kein Signal befolgen, sondern eine neue Haltung einnehmen.
    • Öffne langsam die Tür und beobachte dabei deinen Hund. 
    • Sollte sich dein Hund nach vorne drängeln, kannst du 
      • die Tür entweder zu machen, damit es zu keinem Erfolg kommt,
      • oder dein Bein zum Splitten nutzen. 
    • Wiederhole einige Male das Türöffnen und Türschliessen. 
    • Du kannst den Blickkontakt oder das Zurückhalten deines Hundes mit sanfter Stimme loben.
    • Mache das Gleiche beim Herausgehen, indem du zuerst herausgehst.

    Für dich und deinen Hund macht diese Übung in mehrfacher Hinsicht Sinn:

    Ablenkungsdreieck "Rookie"

    • Bereite deine Ablenkung so vor, dass sie ein Dreieck zu dir und deinem Hund bildet und du und dein Hund euch gegenüberstehen und die Ablenkung von euch entfernt ist.
    • Dein Hund darf die Ablenkung wahrnehmen, soll aber zu dir kommen. Die Leine dient als Absicherung und zugleich Korrektur für selbstlobendes Verhalten.
    • Halte den Abstand zu der Ablenkung so weit, dass dein Hund zwar dahin möchte, aber die Übung trotzdem meistern kann.
    • Rufe deinen Hund mit deinem Rückrufsignal zu dir.
    • Sobald dein Hund auf den Rückruf reagiert und zu dir kommt, belohnst du deinen Hund auf doppelte Weise:
      • Dein Hund bekommt das Leckerli.
      • Er darf auf deine Freigabe hin zu der Ablenkung (Premack-Prinzip).

    Um den Alltag kontrollierbarer zu gestalten, schaffen wir künstliche Trainingssituationen mit Ablenkungen, die den echten Alltagsablenkungen sehr nahekommen. Die Grenze zwischen dem Unkontrollierbaren und dem Kontrollierbaren verschiebt sich dadurch. Erstelle eine Liste mit Ablenkungen, die euch im Alltag begegnen und deinem Hund schwerfallen. Anschliessend erstellst du eine Liste mit Stellvetreter-Ablenkungen. 

    Beispiel einer Liste deiner Stellvertreter-Ablenkungen: